Europäischer Protesttag „für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung“

In Deutschland leben rund 8,6 Millionen Menschen mit anerkannten physischen, geistigen und/oder psychischen Behinderungen. Barrieren sowie ein gesellschaftliches Klima, das nicht behinderte Menschen als Norm setzt und alle aussondert, die dieser „Normalität“ nicht entsprechen, behindern ihre Teilhabe an der Gesellschaft. Das beginnt bei der Ausbildung der meisten Kinder und Jugendlichen mit Behinderung in Sondereinrichtungen, die ihnen kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnen.

Menschen mit Behinderungen sind überproportional oft erwerbslos, von Sozialhilfe abhängig und in Heimen untergebracht. Auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ihnen erschwert, öffentliche Verkehrsmittel und Einrichtungen wie Kinos oder Behörden sind für sie nur eingeschränkt nutzbar.

DIE LINKE setzt sich dafür ein, Selbstbestimmung als dominierendes Prinzip in der Behindertenpolitik zu verankern, und unterstützt den Selbstvertretungsanspruch von Menschen mit Behinderungen. Chancengerechtigkeit soll hergestellt und Barrieren – auch in den Köpfen vieler nicht behinderter Menschen – müssen abgebaut werden. Das Prinzip der barrierefreien Zugänglichkeit fördert den solidarischen Zusammenhalt.

Die Landkreise haben im Dezember einseitig als einer von 15 Trägern den Landesrahmenvertrag zur Behindertenhilfe gekündigt. Betroffen von den Sparplänen sind 30 000 Behinderte, die in Heimen leben, in Werkstätten arbeiten oder ambulant betreut werden. An den Kosten beteiligt sich das Land jährlich mit 384 Millionen Euro. Die Kommunen steuern 92 Millionen Euro bei. Die Einrichtungen werden zu reinen Verwahranstalten verkommen, und die Jobs von 3000 der 15 000 Betreuer stehen auf dem Spiel. Die Vertragskündigung muss zurückgenommen werden.

DIE LINKE teilt die Befürchtung der Wohlfahrtsverbände, dass durch die Kündigung des Landesrahmenvertrages zur Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen Einsparungen vorgenommen werden. Die Landräte, die die Verträge einseitig gekündigt haben, handeln verantwortungslos.

Die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen muss weiterhin gewährleistet sein und sie dürfen in Ihren Lebensverhältnissen nicht eingeschränkt werden. Einsparungen auf Kosten der Schwachen vorzunehmen, führt zu einer noch größeren sozialen Spaltung. Ein großer Prozentsatz der behinderten Menschen ist auf Leistungen des SGB II angewiesen. Ohne zusätzliche Hilfe könnten sie ihren Alltag nicht bewältigen. DIE LINKE unterstützt die Forderung der Wohlfahrtsverbände, dass die Landräte die Kündigung der Verträge sofort zurücknehmen. Menschen mit Behinderungen brauchen eine stärkere Förderung, damit sie nicht aufs ‚Abstellgleis geschoben werden.

DIE LINKE fordert ein Moratorium zur Fortführung des Landesrahmenvertrags zur Eingliederungshilfe über März 2011 hinaus. Wir schließen uns damit den Forderungen der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände an.

Wer es mit der Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft ernst meint, der muss individuell angemessene Hilfen bereitstellen. Nur so kann größtmögliche Inklusion in allen Lebensbereichen erreicht werden.

Vor dem Sozialausschuss im Landtag bestätigten die verschiedenen Verbände, dass es sich bei der Aufkündigung um einen kurzschlüssigen Fehler gehandelt habe, der zu Kürzungen der Leistungen und der Leistungsstandards führen könne.

Aus dem Moratorium muss ein wohlüberlegter neuer Landesrahmenvertrag hervorgehen. Es darf keine überhasteten Fehlentscheidungen und keine unsozialen Kürzungen mehr geben.