Kommentar Carsten Friederichs, Sprecher DIE LINKE im Kreis, zum Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD:

Carsten Friederichs, Kreissprecher

„Sozialdemokratische Handschrift?

Ja und Nein! Mit Ja kann man die Frage beantworten, wenn man zurückblickt auf die SPD des Jahres 2003, in dem es mit der Agenda 2010 darum ging, den „besten Niedriglohnsektor (aufzubauen), den es in Europa gibt“ (Zitat Bundekanzler Schröder) Das hieß: Niedriglöhne, Zerstörung der umlagefinanzierten Rente und deren Privatisierung mit der Folge wachsender Altersarmut, Zerstückelung der Arbeitslosenversicherung und deren Reduzierung, anwachsende prekäre Beschäftigung, Abbau sozialer Rechte und andere soziale „Wohltaten“.

Ein klares Nein aber muss die Antwort sein, wenn man „sozialdemokratisch“ definiert als Vertretung der Interessen der abhängig Beschäftigten, der Arbeitslosen, Rentner, der Behinderten und sozial Benachteiligten. Denn, außer ein paar zaghaften Reparaturversuchen ist kein Kurswechsel zu sozialer Gerechtigkeit zu erkennen. „Der Berg kreißte 5 Wochen lang und hat ein Mäuschen geboren“ nannte es Wolfgang Lieb auf den „Nachdenkseiten“ und Albrecht Müller fordert seine Genossen auf, den Koalitionsvertrag abzulehnen. Recht hat er! „

Manfried Liedke, Abgeordneter im Kreistag ergänzt:

„So wird denn auch den Meisten im Herzogtum der ausgehandelte Koalitionsvertrag nichts bringen. Zwar hat die SPD in unserem Kreis ein beachtenswertes Programm aufgestellt, dass wir unterstützen könnten, aber die Musik spielt in Berlin, und vom Bundestagswahlprogramm der SPD ist nicht viel übrig geblieben!

Zukunft gestalten sieht anders aus, Altersarmut und Niedriglöhne bleiben. Der gesetzliche Mindestlohn ist mit 8,50 € zu niedrig und liegt nur knapp über Hartz IV. Außerdem soll er erst 2015 eingeführt und bis 2018 nicht erhöht werden. Mindestens 10 € in diesem Jahr und bis 2015 12 € sind notwendig, um davon leben zu können. Ca. 31 Prozent der Vollzeitbeschäftigten, das sind 8.669 Menschen im Herzogtum arbeiten zu einem Lohn unterhalb der Niedriglohnschwelle, diese Menschen bleiben auch weiterhin auf der Strecke.

Die Energiewende muss voran kommen, aber sie muss sozial gestaltet werden. Die Kosten des ökologischen Umbaus dürfen nicht einseitig den privaten Stromkunden und kleinen Unternehmen aufgebrummt werden. Industrie und Energiekonzerne müssen beteiligt werden. Die unberechtigten Rabatte und milliardenschweren Stromgeschenke müssen gestrichen werden. Die Stromkonzerne machen Megaprofite. Dann sollen sie auch für die Energiewende aufkommen.

Auch das Thema Rente sieht eher nach einer Mogelpackung aus, es werden nicht Versicherungs- sondern Beitragsjahre zugrunde gelegt. Zwar darf ein Teil der Arbeitnehmer zwei Jahre früher abschlagsfrei in Rente gehen, aber für die meisten bleibt es bei Rente mit 67. Die Altersarmut wird also weiter zementiert.

Zum Schluss bleibt noch die große Unbekannte, die Finanzierbarkeit. Denjenigen, die durch die Agenda 2010 noch reicher geworden sind, will man Nichts nehmen, Spitzensteuersätze sollen nicht erhöht werden. Was bleibt: In einen Topf etwas hinein, was man aus dem anderen Topf herausgenommen hat, so ist soziale Gerechtigkeit nicht herzustellen.“