Ellen Streitbörger: Rede zur Regierungserklärung

Ellen Streitbörger

Entgegnung Regierungserklärung

Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Nun bin ich nicht die erste, die ihre Gedanken zur „Koalition des Aufbruchs“ kundtut. Von außen betrachtet empfindet man diese Namensgebung vielleicht als mutig oder gar als vermessen, wenn man sich den Koalitionsvertrag betrachtet. Mutig insofern, als man sich viel Häme aussetzt bei einem derart hochtrabenden Titel gemessen an den eher bescheidenen Inhalten.
Aber diese Einschätzung trägt nur dann, wenn man von der üblichen Assoziation ausgeht, dass „Aufbruch“ etwas in die Zukunft gerichtetes wäre. Wie z.B. Aufbruch hin zu einem modernen und zukunftsfähigen Bildungssystem oder Aufbruch hin zu einem Schleswig-Holstein der sozialen Gerechtigkeit oder Aufbruch hin zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung mit allen Möglichkeiten der modernen Medizin und das für alle.
Nun lese ich zwar in der Präambel des Koalitionsvertrages von „Aufbruch in eine bessere Zukunft“ und „wir sind Partner für eine bessere Zukunft“. Aber versteht die Koalition unter „besserer Zukunft“ überhaupt das eben Gesagte ?
In Wahrheit vertritt diese Regierung nur genau das, was wir von einer konservativ-neoliberalen Regierung auch erwartet oder besser formuliert: was wir befürchtet und wogegen wir im Wahlkampf gekämpft haben.
Und die Wählerinnen und Wähler haben mehrheitlich unsere Sorgen um die Zukunft Schleswig-Holsteins geteilt und haben dieser Regierung nicht die Mehrheit der Stimmen gegeben. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Regierung nicht auf der demokratischen Mehrheit der Wählerstimmen gegründet ist, sondern auf nur drei Stimmen, nämlich den beiden eigenen und der der Landeswahlleiterin im Landeswahlausschuss. Und damit fehlt dieser Regierung leider eine demokratische Legitimation.

Das erklärt natürlich auch die Eile, mit der Koalitionsvertrag und Regierungsbildung durchgezogen wurden. Nur schnell Fakten schaffen, bevor jemand Einspruch einlegt. Und die Hoffnung, dass Verfassungsrichter eine installierte Regierung nicht mehr kippen werden, spielte dabei sicher auch eine große Rolle.
Dass unter dieser Eile die Qualität in mehrfacher Hinsicht gelitten hat, darüber sind sich auch alle Außenstehenden einig, egal ob sie aus den Oppositionsparteien, aus der Medienlandschaft oder aus der interessierten Öffentlichkeit kommen.
Eines der großen und alle Wählerinnen und Wähler bewegenden Themen ist das Thema: „soziale Gerechtigkeit“. Dieses Thema ist auch von der Regierung nicht völlig übersehen worden. Es taucht auf in der Leitlinie „Sozial ist, was Arbeit schafft“. Jeder weiß, dass das in dieser Plattheit Unsinn ist. Und jeder, der in einem oder mehreren Minijobs arbeitet oder der in einem Vollzeitjob arbeitet und damit nicht einmal genug zum Leben verdient und zum „Aufstocken“ gezwungen ist, kann bestätigen, dass diese Art Arbeitsplätze nichts mit „sozial“ oder „gerecht“ zu tun haben.
Diese Regierung hat sich auch vorgenommen, für Gerechtigkeit zu sorgen, indem sie gleiche Startchancen für alle schaffen will. Wie naiv und weltfremd ist das denn! Wo sind denn in dieser Gesellschaft gleiche Startchancen für Kinder aus Hartz-IV-Familien oder Kinder aus Migrantenfamilien und Kinder aus Akademikerfamilien? Deutschkurse allein werden uns da nicht weiterhelfen!

Nun steht ja eine schwarz-gelbe Regierung in der öffentlichen Wahrnehmung für die versammelte Sachkompetenz in Fragen von Wirtschaft und Finanzen. Die spannende Frage ist nun: Wo konkret zeigt sich dieser Sachverstand bei unserer Landesregierung ?
Sicherlich ist durch die Finanz-und Wirtschaftskrise mit fehlenden Steuereinnahmen und hohen Kosten durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit, bei gleichzeitig unvorstellbar hohen Krediten und Bürgschaften für Banken eine ganz schwierige finanzielle Situation in Bund und Ländern entstanden. Und die HSH-Nordbank hat dadurch, das sie im wesentlichen frei von staatlicher Kontrolle agierte, das Ihre zur Verschlechterung der Finanzsituation in Schleswig-Holstein beigetragen.
Wo sind also die Konzepte des schwarz-gelben Sachverstandes, um unser Land aus dieser schwierigen Situation zu führen?
Da höre und lese ich nur vom „Prinzip Hoffnung“, Hoffnung auf Wachstum. „Nur Wirtschaftswachstum kann Arbeitsplätze schaffen und Beschäftigung sichern und damit die Einnahmesituation des Landes verbessern“, lautet das Credo dieser Regierung.
Das „Prinzip Hoffnung“ ist uns als Konzept aber zu wenig. Zumal sogar unsere Bundeskanzlerin jetzt warnt, man müsse damit rechnen, dass die Situation am Arbeitsmarkt zunächst noch viel schlechter werden wird, bevor im nächsten Frühjahr vielleicht eine Tendenz zu Wirtschaftswachstum sichtbar werden könnte.
Unsere Landesregierung hat sich vorgenommen, deutschlandweit die wirtschaftsfreundlichsten Rahmenbedingungen zu schaffen, um das nötige Wachstum zu generieren. Da „wirtschaftsfreundlich“ ganz sicher nicht „arbeitnehmerfreundlich“ ist, ist damit auch klar, dass in Schleswig-Holstein keine Verbesserungen der wirtschaftlichen und sozialen Situation für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu erwarten sind.
Wir fordern aber genau das: eine Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen für die Menschen im Land. Wir wollen den Aufbau eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit regulären, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, von denen man leben kann. Diese sollen im sozialen, kulturellen und ökologischen Bereich geschaffen werden und die entwürdigenden Ein-Euro-Jobs ersetzen. Dann haben wir die Arbeitsplätze, die Binnennachfrage und das Wirtschaftswachstum, das wir brauchen.
Neben dem „Hoffen auf Wirtschaftswachstum“ muss aus Sicht der Regierung noch ein zweiter Teil des Konzepts zur Verbesserung der finanziellen Situation des Landes greifen, nämlich: Sparen oder „Anpassung der Ausgaben an die Einnahmen“, wie sie es nennt.

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen alle Fördermaßnahmen, Zuschüsse und Zuwendungen überprüft und reduziert werden. Die Konsequenz daraus sollte allen klar sein: in allen Bereichen, in der Kunst, der Kultur, im Sport und beim Sozialen wird gestrichen. Theater und Museen müssen sich auf harte Zeiten einstellen.
Andere Aufgaben sollen privatisiert werden und was Privatisierung bedeutet, haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon in zu vielen Bereichen in Schleswig-Holstein erleben müssen. Ein privater Investor will Profite erwirtschaften. Das ist sein Interesse. Das ist aus seiner Sicht sogar seine Pflicht. Er hat keinen Blick für die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Für Soziales fühlt er sich nicht zuständig. Auf Privatisierung folgt Rationalisierung. Und die Arbeitsplätze, die erhalten bleiben, sind Arbeitsplätze mit schlechterer Bezahlung und höherer Arbeitsdichte. Deshalb lehnen wir auch die Pläne zur Privatisierung der Service GbmH des UKSH ab.
Zur Ankurbelung der Wirtschaft hat sich die Regierung viele Gedanken über die Versiegelung von schleswig-holsteinischer Landschaft gemacht. Es sollen enorme Projekte in Sachen Straßenbau in Angriff genommen werden: Ausbau sämtlicher Autobahnen, Ausbau von Bundesstraßen zu Autobahnen und natürlich die Fehmarnbeltquerung mit der notwendigen Hinterlandanbindung.
Dafür werden auch enorme finanzielle Mittel benötigt werden, die das Land Schleswig-Holstein gar nicht aufnehmen kann. Deshalb werden die Öffentlich-Privaten-Partnerschaften ( ÖPP ) als Finanzierungsmöglichkeit bevorzugt. Private Investoren und nicht das Land nehmen Kredite für diese Projekte auf. Wer sich mit ÖPP-Projekten auseinander gesetzt hat, weiß, dass es sich dabei nur um verdeckte Kreditaufnahmen handelt und dass sich Länder oder Kommunen auf Jahrzehnte mit undurchschaubaren Knebelverträgen zu viel zu hohen Abträgen verpflichten und damit ihre Haushalte belasten, überlasten oder sperren. Und letztendlich wird alles viel teurer als bei Eigenfinanzierung. Nun sind diese ÖPP-Pläne leider nicht nur Überlegungen, die in die falsche Richtung zielen, sondern bereits Realität. Das hat jetzt die Umsetzung des ersten Projekts zur Finanzierung der Erneuerung der Landesstraße 192 gezeigt. Gleichzeitig ist es ein gelungenes Beispiel dafür, dass man seine Überzeugungen genauso schnell wechseln kann, wie seinen Platz im Plenarsaal. Während also viel Geld in Beton investiert werden soll, hält man sich in Sachen Bildung sehr zurück. Beim ersten Lesen des Koalitionsvertrags zum Thema Bildung war mein Gedanke: Na, toll! Das alles hatten wir schon in den vergangenen Jahrzehnten. Und für mich wird gerade beim Thema Bildung am deutlichsten, dass mit dem „Aufbruch“ niemals ein Aufbruch in die Zukunft gemeint sein kann.

Es war ja schon schlimm, was wir Lehrerinnen und Lehrer in der vergangenen Legislaturperiode unter schwarz-rot an Schulchaos ertragen mussten. Zwei völlig unterschiedliche Vorstellungen von Schule wurden zu völlig wahnwitzigen Kompromissen zusammengeführt und die Umsetzung unter Zeitdruck an der Schulbasis erzwungen. Viel, viel Zeit und Kraft wurden uns abverlangt und leider lief ein großer Teil dieser Anstrengungen ins Leere, weil z. B. die Eltern sich dem Chaos entzogen und ihre Kinder an den Gemeinschaftsschulen statt an den Regionalschulen anmeldeten. Viel Ärger, Verzweiflung und Hilflosigkeit entstanden bei Eltern, Schülerinnen und Schülern und bei Kolleginnen und Kollegen bei der Umsetzung von G8 und der Profiloberstufe an den Gymnasien ohne Lehrpläne, ohne Konzepte und dafür aber mit einer gigantischen Arbeitsüberlastung für alle.
Die Regierung möchte nun erst einmal Ruhe an der Schulbasis einkehren lassen. Diese Ruhe ist auch dringend erforderlich, aber noch wichtiger wären klare Konzepte. Nun aber läuft alles auf Beliebigkeit hinaus. Alles kann, nichts muss. Die Schulen können entscheiden: wollen wir jahrgangsübergreifendes Lernen in der Eingangsphase, wollen wir Lernpläne in der Grundschule, wollen wir wieder Förderzentrum werden oder arbeiten wir weiter integrativ an anderen Schulen, wollen wir Binnendifferenzierung an den Gemeinschaftsschulen, wollen wir weiter Regionalschule bleiben, wollen wir G8 oder G9 oder beides ?

Ich kann nicht Chaos durch Beliebigkeit ersetzen und dann auch noch erwarten, dass dabei ein zukunftsfähiges Schulsystem entsteht. Im Gegenteil entfernen wir uns auf diesem Weg immer weiter davon, dass alle Kinder die gleichen Bildungschancen haben.
Und deshalb solidarisiert sich meine Fraktion auch mit den Schülerinnen und Schülern und den Studierenden, die heute hier in Kiel demonstrieren, und unterstützt ihre Forderungen. Diese Forderungen sind auch unsere Forderungen:
.    nach einem längeren gemeinsamen Lernen in Gemeinschaftsschulen,
.    nach kleineren Klassen,
.    nach mehr Wahlfreiheit in der Oberstufe,
.    nach der Abschaffung von G 8
.    nach bedarfsgerechter Ausstattung in allen KiTas, Schulen, Hochschulen und Jugendeinrichtungen,
.    nach kostenloser Bildung für alle von der Krippe bis zur Hochschule.

Was uns dagegen die Regierung anbietet, ist -wie gesagt -Bildungspolitik aus dem vergangenen Jahrtausend. Auf diese Art werden wir niemals eine auf die Zukunft orientierte Schul-und Bildungspolitik bekommen und im nationalen wie im internationalen Vergleich wird Schleswig-Holstein im Ranking immer weiter nach unten sinken.
Es ist jedem – außer offensichtlich den Mitgliedern der Regierungsparteien – klar, dass das bestehende mehrgliedrige Schulsystem nicht „Vielfalt und Qualität“ sichert. Im Gegenteil haben gerade Kindern aus problembelasteten Familien weniger Chancen auf gute Bildung, dadurch dass viel zu früh in die einzelnen Schultypen sortiert wird und anschließend kaum Durchlässigkeit nach oben besteht. Diese Chancenungleichheit vergeudet einerseits Resourcen und zementiert andererseits eine Ungerechtigkeit in der Gesellschaft, wie wir sie ablehnen. Und diese Ungerechtigkeit erzeugt Frust, Wut und Hass auf andere oder auf die gesamte Gesellschaft.

Ein mehrgliedriges Schulsystem ist eben nicht die beste Voraussetzung für „individuelle Bildung und Förderung“, wie es uns die Regierung weismachen will. Sondern es ist die individuelle Förderung eines jeden Kindes in einer Schule für alle, wie es Pädagoginnen und Pädagogen seit Jahren fordern und wie es uns viele Länder vormachen. In einer Gemeinschaftsschule wird eben nicht aussortiert und ausgegrenzt, sondern die Schülerinnen und Schüler lernen, solidarisch miteinander umzugehen und den Schwächeren zu helfen. Das, was ein ganz selbstverständliches und gleichzeitig auch das höchste Ziel für unsere gesamte Gesellschaft sein sollte.
Auch der Landesrechnungshof bestätigt, dass das Nebeneinander der unterschiedlichen Schulformen ein pädagogisch sinnloser Luxus ist. Seinen Berechnungen zu Folge hätten wir in den nächsten 10 Jahren 4200 Lehrerstellen durch Rückgang der Schülerzahlen zu viel. Das müssen wir als Chance begreifen und nutzen. Grundschulen müssen wohnortnah erhalten bleiben. Klassen müssen verkleinern und mit mindestens zwei Lehrkräften integrativ oder sogar inklusiv unterrichtet werden. Dann könnte Unterricht auch bei uns endlich so gestaltet werden, wie es uns die skandinavischen Länder schon lange vormachen.
Dass wir dazu auch die Veränderung des LehrerInnenstudiums fordern, erschließt sich von allein. Wir wollen keine „schulartbezogenen Profile der Lehrerbildung“, die nur das mehrgliedrige Schulsystem auf Jahrzehnte verfestigen, sondern ein Studium, das zum Unterrichten an einer Gemeinschaftsschule mit Binnendifferenzierung und mit gymnasialer Oberstufe befähigt.

Die Regierung will Gerechtigkeit im Land erreichen, indem sie für gleiche Startchancen sorgt. Dann würde es doch Sinn machen, allen Kindern den Besuch einer KiTa zu ermöglichen. Das setzt Beitragsfreiheit aller 3 KiTa-Jahre voraus. Denn sonst sind genau wieder die Kinder ausgeschlossen, die aus problembelasteten Familien stammen. Jede Erzieherin wird Ihnen aus der Praxis berichten können, dass ein Jahr zu wenig ist, um z.B. Kinder mit Migrationshintergrund und ohne Deutschkenntnisse zu integrieren und „schulreif“ zu machen.
Sich für eine Vereinheitlichung der Sozialstaffel im Land einzusetzen, reicht für eine Umsetzung von Chancengerechtigkeit nicht aus. Und es reicht auch nicht aus, nur zu prüfen, ob die Versorgung bedürftiger Kinder mit einer warmen Mahlzeit sichergestellt werden kann. Die Versorgung bedürftiger Kinder mit einem Mittagessen muss garantiert sein. Alles andere wäre beschämend in einem reichen Land wie Deutschland! Es wird überall – nicht zuletzt von der Wirtschaft – beklagt, dass in Deutschland im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern zu wenig junge Menschen eines Jahrgangs ein Studium beginnen und dass von denen, die ein Studium beginnen, auch noch ein zu hoher Prozentsatz das begonnene Studium wieder abbricht. Und nicht einmal diese relativ wenigen Studentinnen und Studenten finden ein vernünftiges Studienangebot vor.
Die Hochschulen sind personell und finanziell unterversorgt. Die Bachelor-und Master-Studiengänge sind nicht aufeinander abgestimmt, sind zu verschult und bringen am Ende nicht annähernd die Qualifikationen, die die alten Magister-und Diplom-Studiengänge boten.

Selbst ohne Studiengebühren sind viele Studentinnen und Studenten auf einen Job neben dem Studium angewiesen, um dieses überhaupt finanzieren zu können. Die personelle Unterbesetzung der Unis hat zur Folge, dass z. B. Pflichtseminare zu selten angeboten werden, sofort belegt und teilweise überbelegt sind. Volle Seminarräume und Hörsäle, Zeitdruck, Doppelbelastung durch Studium und Job, erhöhter Prüfungsstress und oft fehlende berufliche Aussichten sind Alltag der Studierenden. Dass viele Studentinnen und Studenten bei diesen schlechten Bedingungen aufgeben, erstaunt nicht wirklich.
Deshalb ist die Landesregierung hier gefordert, auch auf Bundesebene aktiv zu werden, die dringend nötigen Gelder einzufordern und sich für bessere Studienbedingungen einzusetzen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist uns die Gesundheitsversorgung im Land. Wir stimmen mit der Regierung überein, dass wir eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung für alle Menschen brauchen. Wie kann aber eine medizinische Versorgung auch wirtschaftlich sein? Und wirtschaftlich für wen? Ganz klar ist unser Gesundheitssystem wirtschaftlich für die Pharmaindustrie. Wir fordern aber, dass der medizinische Fortschritt, der ja zum Teil auch mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, allen Bürgern gleichermaßen zugute kommt. Und das in Stadt und Land! Wie die medizinische Versorgung auf dem Land aussieht, wissen wir: immer weniger Allgemeinmediziner lassen sich auf dem Land nieder und Fachärzte sind für viele fast unerreichbar weit weg. Nichts ist also dringender zu realisieren, als eine wohnortnahe Versorgung. Auch die Stärkung der Strukturen von Palliativ-und Hospizstützpunkten, die Erweiterung der psychiatrischen Versorgung und die Vernetzung von medizinischen und psychologischen Angeboten unterstützen wir. In einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden und damit immer stärker auf Pflege angewiesen sind und in der immer mehr Menschen psychisch erkranken, ist der Auf-und Ausbau der eben angesprochenen Strukturen zwingend.

Als letzten Punkt möchte ich das Thema Energie ansprechen. Es freut uns, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien im Zentrum der Energiepolitik der Regierung steht. Auch wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Nur schneller und ausschließlicher als die Regierungsparteien. Unsere maroden Atommeiler gehören endgültig vom Netz und es ist völlig indiskutabel, Reststrommengen auf andere AKWs übertragen zu wollen. Die Entscheidung für Atomenergie war von vornherein eine völlig verfehlte Entscheidung und bis heute gibt es keine Lösung der Entsorgungsproblematik. Ein Ausbau oder gar Neubau von Kohlekraftwerken in Verbindung mit der Wahnsinnsidee, CO2 unterirdisch einzulagern, ist keine Lösung, die unserer Klimaproblematik gerecht wird, und daher grundsätzlich abzulehnen. Dass der Wahlkreis unseres Herrn Ministerpräsidenten als erster in der Diskussion um einen Standort für die CO2 -Einlagerung war, lässt mich hoffen, dass der Widerstand in unserem Land gegen die Einlagerung hier oder auch in anderen Bundesländer stark genug sein wird, diese Technologie zu verhindern.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.