Haushaltsrede zum Kreishaushalt 2011

Michael Schröder – Fraktionsvorsitzender DIE LINKE Kreistagsfraktion

Herr Kreispräsident

Sehr geehrte Damen und Herren

Kürzungen sind unsozial und unausgewogen, das sind die Vokabeln die zum diesjährigen Haushaltsentwurf der Kreisverwaltung passen.

Für die Entwicklung der kommenden Jahre fehlen geeignete Vokabeln. Schlimmer als unsozial und unausgewogen kann es eigentlich nicht werden.

Aber es wird schlimmer, viel schlimmer.

Da es in der Haushaltssktrukturkommission  zu keinen zukunftsweisenden Ergebnissen geführt hat und man keine ausreichenden Sparpotentiale gefunden hat, soll  jetzt ohne Rücksicht auf Verluste in allen Bereichen 2 % gekürzt werden. Dieses Rasenmäher-Prinzip lehnen wir ab.

Besonders für kleine soziale und kulturelle Einrichtungen sind die Zuschüsse des Kreises oft überlebenswichtig. Durch den Wegfall dieser Mittel werden hier teilweise Strukturen zerstört, die über Jahre gewachsen sind und überwiegend durch Ehrenamtliche geleistet werden. Wenn bei Mädchen- und Frauenberatungsstellen und der Jugendförderung der Sportvereine gekürzt wird, aber die Gelder für die Schweißhundestaffel oder für die Kulturstiftung Kreis Herzogtum Lauenburg auf Grund langjähriger Verträge nicht angetastet werden können, läuft hier doch grundsätzlich etwas in die falsche Richtung. Ganz zu schweigen von den dicken Haushaltsbrocken wie die Tourismus- und Wirtschaftsförderung, wo man sich gar nicht erst heran traut.

Erschwerend kommt hinzu, dass die öffentlichen Kassen  systematisch geleert wurden. So sind die Erträge im Vergleich zum Haushalt 2008 um ca. 9 Mio. € zurückgegangen, die Aufwendungen aber um ca. 14 Mio. € angestiegen.

Nicht durch ein unvorhersehbares Naturereignis oder eine biblische Heimsuchung. Nein, die leeren Kassen der öffentlichen Haushalte sind das Ergebnis von bewussten Entscheidungen im Bundestag und im Schlewig Holsteinischen Landtag.

Fast Alle Abgeordneten von CDU, CSU, SPD, FDP und den Grünen haben mit ihren finanzpolitischen Entscheidungen mitgewirkt, die öffentlichen Kassen zu leeren.

Sie alle hebeln das Grundgesetz und die Schleswig Holsteinischen Verfassung aus. Im Grundgesetz und in der Schleswig Holsteinischen Verfassung ist die kommunale Selbstverwaltung garantiert und verankert. Angesichts dieser katastrophalen Kassenlage gibt es keine kommunale Selbstverwaltung mehr.

Im Grundgesetz und Schleswig Holsteinischen Verfassung wird zugesichert, dass die Kommunen finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihren Pflichtaufgaben nachkommen können. Und das wird immer wieder gerne vergessen, es wird ihnen garantiert, dass sie auch freiwillige Aufgaben übernehmen und bezahlen können. Wer etwas anderes tut begeht Verfassungsbruch. Unsere Fraktion hat mit einem Antrag zu einer  Verfassungsbeschwerde versucht hier Abhilfe zu schaffen, leider vergeblich. Die CDU/FDP Fraktionen sehen hier wohl keinen Handlungsbedarf.

Allein die Steuersenkungsorgien von Rot/Grün und Schwarz/Rot summieren sich bisher auf 30 Milliarden Euro. Dazu kommen in den folgenden Jahren die Belastungen aus den Steuersenkungen bei den Konjunkturpaketen eins und zwei.

Nach den Angaben des Bundesfinanzministeriums werden die Kommunen bis zum Jahre 2013 noch einmal über fünf Milliarden Euro Mindereinnahmen haben, nur aus den Konjunkturprogrammen.

Insgesamt wurden von Oktober 2008 bis Juli 2009, das ist nicht einmal ein ganzes Jahr, Mindereinnahmen der Kommunen für die Jahre 2009 bis 2013 in Höhe von 20 Milliarden Euro im Bundestag beschlossen. Die Folgen des Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit dem Milliardengeschenk an Hoteliers ist da noch nicht miteingerechnet. Das sind alles Zahlen des Bundesfinanzministeriums.

Meine Damen und Herren Diese Zahlen sind Ausdruck von politischem Willen, das heißt eine Mehrheit von Parlamentariern hat bewusst dafür gesorgt, dass die Finanzlage so katastrophal ist. Ich bitte das zur Kenntnis zu nehmen und den Menschen da draußen zu berichten. Die Haushaltslage ist auf Bundes- und Landesebene gemacht worden!

Immer wieder wird auch erzählt, das Aufkommen einer Vermögenssteuer sei so gering, dass sich der Aufwand nicht lohne. Es ist falsch!!

Eine Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung hat ergeben, dass eine Vermögenssteuer mit hohen Freibeträgen und moderaten Steuersätzen zu einer deutlichen Verbesserung des Landeshaushaltes beitragen könnte.

Bei einem Freibetrag von 500 000 Euro und einem Steuersatz von nur einem Prozent für das darüber hinaus reichende Vermögen kämen dem Landeshaushalt jährlich 1,23 Milliarden Euro zugute. Damit lässt sich leicht der kommunale Finanzausgleich so ausstatten, dass Städten, Gemeinden und Landkreisen nicht die Luft abgeschnürt wird.

Sie werden jetzt sagen was geht das uns an? Wir sind hier der Kreistag und haben keine Möglichkeit Einfluss zu nehmen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ganz so einfach können sie sich das nicht machen. Es sind ihre Parteifreunde oder Parteigenossen, der eine oder andere sitzt sogar hier im Kreistag, die in Berlin und Kiel die Arme heben und all diese finanziellen Grausamkeiten auf dem Rücken der Kommunen begangen haben. Es sind ihre Freunde und Genossen, die dafür gesorgt haben, dass der Landrat raunt, man müsse über die Standards nachdenken. Was nichts anderes heißt, als Leistungen kürzen oder Gebühren erhöhen.

Die ganz große Koalition von CDU/CSU/SPD/FDP einschließlich der Grünen haben das ganze Desaster zu verantworten!

Ein Wort noch zur Wirtschafts- und Finanzkrise: Die Folgen der schwersten Rezession in Deutschland seit Menschengedenken kommen verschärfend zu den soeben skizzierten Entwicklungen noch oben drauf. Aber auch hier erfahren die Menschen nur die halbe Wahrheit. Es ist nicht die Gier von Managern und Bankern, die die Verwerfungen ausgelöst haben. Wieder waren es politische Entscheidungen, auch in Deutschland, die die Voraussetzungen für das Chaos an den Finanzmärkten und die Rezession in der Realwirtschaft ausgelöst haben. Deregulierung, Flexibilisierung und Privatisierung waren die Zauberworte Rot/Grün hat den Heuschrecken das Tor weit aufgemacht!

Das Aufblähen der Finanzmärkte durch die Teilprivatisierung der sozialen Sicherungssysteme, die Umverteilung von Unten nach Oben durch die Steuerreformen des vergangenen Jahrzehnts Das stetige Absinken der Lohnquote in Deutschland, die exorbitant gesteigerten Einkommen aus Gewinnen und Vermögen, stagnierende oder sogar sinkende Realeinkommen der Lohnabhängigen – all das waren die objektiven Voraussetzungen für die Krise.

Und diese Voraussetzungen wurden politisch geschaffen! Von CDU/CSU/SPD/FDP und den Grünen. Aus dieser Verantwortung kann sie niemand entlassen.

Gestatten Sie mir zum Schluss noch einige grundsätzliche Bemerkungen: Meine Fraktion und ich sind den Grundsätzen des humanen, demokratischen Sozialismus verpflichtet. Wir streben eine Gesellschaft an, in der Menschen nicht Mittel zum Zweck für andere sind. Eine Gesellschaft in der die freie Entwicklung des Einzelnen zur Bedingung für die freie Entwicklung aller ist. Sozialismus heißt: Der Mensch war das Objekt der Geschichte. Er muss zum Subjekt werden. Freiheit verstehen wir nicht nur als Freiheit von politischen Unterdrückern, sondern auch als Freiheit von der Beherrschung des Menschen durch Dinge und Umstände. Und an diesem Maßstab gemessen ist der Haushalt durchgefallen.

Die ökonomische Ordnung in der wir leben, wir nennen sie Kapitalismus, lässt diese Ziele nicht zu. Die betriebswirtschaftliche Logik mit ihren angeblichen Sachzwängen zerstört die Grundlagen menschlichen Zusammenlebens. Das In-Wert-setzen aller Lebensbereiche der Menschen führt dazu, dass die Sachen über die Menschen bestimmen und nicht die Menschen über die Sachen.

Die Wirtschaft muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Diese Ziele lassen sich auch mit dem Satz umschreiben: Soziale Gerechtigkeit in intakter Umwelt verwirklichen.

Dafür setzen wir uns ein!  Auch hier im Kreistag. Jeder Antrag der die Gesellschaft diesen Zielen ein Stück näher bringt werden wir unterstützen. Anträge, die dies nicht tun, werden wir auch in Zukunft ablehnen.