Schleswig-Holstein: Das System der öffentlich-rechtlichen Finanzwirtschaft erhalten

Um die öffentlich-rechtliche Finanzwirtschaft in Schleswig-Holstein ist es schlecht bestellt: Schleswig-Holsteins Sparkassen- und Giroverband fordert seit Monaten von der Landesregierung, ihren Anteil von 14,8 Prozent an der HSH Nordbank zu übernehmen. Noch Anfang des Jahres  2009 hatte die damalige schwarzrote Landesregierung eine Wertgarantie für die 14,8prozentige Beteiligung der Sparkassen an der HSH Nordbank in Aussicht gestellt. Der Anteil der Sparkassen an der angeschlagenen HSH Nordbank hatte einen Wert von 700 Mio. Euro, und steht jetzt mit 330 Mio. Euro in den Büchern.

Den Wertberichtigungsbedarf in Höhe von 370 Mio. Euro teilten sich der Verband mit 220 Mio. Euro und die einzelnen Sparkassen von 150 Mio. Euro. Dies hat bei den Sparkassen zu den Belastungen geführt. Zusätzlich haben der Sparkassenverband und seine einzelnen Glieder auch mit hausgemachten Altlasten zu kämpfen:

Jetzt legt die schwarzgelbe Landesregierung eine Novellierung des Sparkassengesetzes dem Landtag vor. Demnach sollen fremde Kreditinstitute künftig Minderheitsbeteiligungen an den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten von bis zu 25,1 Prozent erwerben können – vorausgesetzt, auch die neuen Anteilseigner sind „Institute aus dem öffentlichen Bereich“. Das Gesetz zielt darauf ab, dass die Haspa Finanzholding, Mutter der Hamburger Sparkasse (Haspa), künftig bei den „befreundeten Sparkassen in Schleswig-Holstein“ einsteigen kann.

Das ist sie schon bei:
Bordesholmer Sparkasse AG
LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg AG
NM Nord-IMMO Management GmbH & Co. KG
NRS Norddeutsche Retail-Service AG
Sparkasse Mittelholstein AG
Sparkasse zu Lübeck AG
Spar- und Leihkasse zu Bredstedt AG

Die HASPA-Holding macht keinen Hehl daraus, dass sie in Schleswig-Holstein weiter expandieren möchte. Sie kämpft für ihre Anerkennung als öffentlich-rechtliches Institut. Sie will dem Eindruck entgegentreten, sie sei eine „private“ Bank, nur weil sie keine kommunalen Eigner hat. Sie „erfülle immerhin öffentliche Aufgaben und sei zur Wahrnehmung des Sparkassenauftrags verpflichtet.“ Sie lässt aber die Frage offen, wer eigentlich die Holding kontrolliert?

Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken des Landes haben die Aufgabe, die Ersparnisse der »kleinen Leute« zu schützen und die regionale Wirtschaft zu stützen. Die Erzielung von Gewinnen ist hierbei nicht der Hauptzweck des Geschäftsbetriebes. So die Geschäftsphilosophie der gemeinnützigen Kreditinstitute. Die gesellschaftliche Praxis ist aber eine andere: Einige der 15 regionalen Institute (Sparkasse Südholstein und Flensburg) haben sich augenscheinlich von der Goldgräberstimmung der HSH-Nordbank anstecken lassen.

.    Die Sparkasse Südholstein stand im Frühjahr 2009 kurz vor dem Kollaps, da sie unzureichend mit Eigenkapital ausgestattet war. Das Kreditinstitut ist aus der Fusion der Kreissparkassen Segeberg und Pinneberg sowie der Sparkasse Neumünster hervorgegangen, die alle drei waren schon damals eigenkapitalschwach waren. Hinzu kamen Altlasten durch geplatzte Kredite der früheren Kreissparkasse Segeberg gekommen, ferner die allgemeine Finanzkrise sowie Fehlspekulationen. Der Sicherungsfonds des Schleswig-Holsteinischen Sparkassen- und Giroverbands musste Kapital einschießen. Rund 130 Millionen Euro benötigte die Sparkasse. Rund 600 ungesicherte Kredite hatte die Kreissparkasse Segeberg mitgebracht, etwa 77 Millionen Euro waren verloren. Der Sicherungsfonds der Sparkassen sprang ein mit  50 Mio. Euro, wobei 30 Mio. Euro auf eine Bürgschaft und 20 Mio. Euro auf eine stille Einlage entfielen. Mit einem Nachrangdarlehen in Höhe von 50 Mio. Euro half zudem die Haspa-Holding aus.
.     Im Januar 2010 meldet die größte Sparkasse Schleswig-Holsteins, die Nord-Ostsee-Sparkasse (Nospa) extreme Schieflage: Die mit einer Bilanzsumme von 6,4 Mrd. Euro größte Sparkasse in Schleswig-Holstein, ächzt unter absehbaren Abschreibungen in Höhe von 120 Mio. Euro auf Unternehmenskredite. Diese sollen im Wesentlichen auf für Sparkassen eher untypische Beteiligungsfinanzierungen zurückzuführen sein, hieß es in Finanzkreisen. Auch Kredite an das Erotikunternehmen Beate Uhse seien notleidend. Die Nord-Ostsee-Sparkasse ist 2003 aus der Fusion der Sparkassen Schleswig-Flensburg und Nordfriesland entstanden. Als fatal erwies sich der Zusammenschluss mit der angeschlagenen Flensburger Sparkasse Mitte 2008. Zwar unterstützte der Sparkassenverband Schleswig-Holsteins die Übernahme durch eine Risikoabschirmung in Höhe von 37 Mio. Euro, doch diese reichte nicht aus. Weiter belastend für die NOSPA: Sie musste auch Abschreibungen auf ihre indirekte Beteiligung an der HSH Nordbank vornehmen.

In wieweit handelnde Akteure mit ihren Risiko-Geschäften gegen den Geschäftauftrag, Ersparnisse der »kleinen Leute« zu schützen und die regionale Wirtschaft zu stützen“ , verstoßen haben, muss geprüft werden. Es müssen Schadensersatzansprüche  geprüft  und zügig gegen die ehemals Handelnden durchgesetzt werden, um der Gefahr der Verjährungen entgehen zu können.
Der Druck, der auf den Sparkassen lastet, zwingt auch den Sparkassenverband alle Möglichkeiten zur Stärkung der Eigenkapitalausstattung der Sparkassen auszuloten. Insofern begrüßt der Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein eine Änderung des Sparkassengesetzes. Gleichwohl weißt er jede dem Gesetzentwurf innewohnende Privatisierungsoption zurück.

.    „Die Absicht der Koalition, bestimmten Unternehmen außerhalb der Gruppe der öffentlich-rechtlichen Sparkassen Schleswig-Holsteins Möglichkeiten zur Beteiligung an Sparkassen einzuräumen, beurteilt der Verband demgegenüber kritisch. Dies dürfe nicht zur Folge haben, dass sparkassenfremde Anbieter unter Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union den Erwerb von Sparkassenanteilen in Schleswig-Holstein erzwingen können“.
.    Abzulehnen sei außerdem die Zielsetzung, bei öffentlich-rechtlichen Sparkassen Stammkapital einzuführen und den Trägern der Institute die Möglichkeit einzuräumen, Anteile davon zu veräußern. „Damit wird den Sparkassen kein frisches Kapital zur Verbesserung ihrer Eigenmittelausstattung zugeführt und zudem für Trägerkommunen ein Anreiz geschaffen, sich bei eigenen finanziellen Schwierigkeiten durch Verkauf von Sparkassenanteilen zu entlasten. Das aber würde das Ziel des Gesetzes, die Eigenkapitalausstattung der Institute zu stärken, in das genaue Gegenteil verkehren“. (SGVSH, 5.2.2010)
Das Geschäftsmodell der Sparkassen, die regionale Wirtschaft und insbesondere KMU mit Kredit zu versorgen und kundenfreundliche Finanzdienstleistungen für die breite Privatkundschaft – auch und gerade in der Fläche – bereitzustellen, muss verteidigt werden.

DIE LINKE hält fest: Es ist ein Gebot demokratischer Kontrolle, dass die politischen Entscheidungen in den Sparkassen ebenfalls vom Menschen aus der Region getroffen werden. Dies wiederum ist durch ihre kommunale Trägerschaft abgesichert, was gegen jegliche Überlegungen spricht, die Kontrolle über die Sparkassen mittels Einführung z.B. von übertragbarem Stammkapital an andere öffentlichen-rechtliche Institutionen (wie z.B. der HASPA) regional aus der Hand zu geben. Um so mehr sind alle Versuche abzuwehren, Sparkassen für private Investoren und deren Renditeziele zu öffnen.

Für DIE LINKE gilt: Die Änderung des Sparkassengesetzes schafft keine Entlastung der Sparkassen, sondern verschärft das Problem. Die Aufstockung der Kapitaldecke besteht auch über die Gewährung stiller Einlagen ohne Änderung des Sparkassengesetzes. Die Landesregierung muss der Forderung der Sparkassen nach Übernahme ihrer Anteile bei der HSH-Nordbank endlich nachkommen. Gemessen an den Milliardenkosten für ein Fass ohne Boden, handelt es sich hierbei um überschaubare Beträge für eine sinnvolle Investition.

Björn Radke