Westerwelle und Hartz IV: Panik, Arroganz und Ignoranz

Carsten Friederichs – Sprecher des Kreisverbandes

Um es vorweg zu nehmen, überall da, wo irgendetwas zu holen ist, wird es einige geben, die versuchen, mehr zu bekommen, als ihnen zusteht. Was anders trieb all die Steuerbetrüger, die sich jetzt selbst anzeigen, dazu, Geld ins Ausland zu schmuggeln?

Und es wird auch Hartz IV Empfänger geben, die sich lieber ihr Geld auszahlen lassen, als zu versuchen, Arbeit zu finden. Das aber ist, wie jeder wissen kann (und ein Vizekanzler wissen muß) eine sehr kleine Minderheit.

Westerwelles eiskalte Verunglimpfung gleich aller Arbeitslosen und Hartz IV-Empfänger als Schmarotzer der Gesellschaft (denn nichts anderes bedeutete seine Suada und hier hat er durchaus Unterstützung in der CDU, zum Beispiel Mißfelder, Rüttgers u.a.) sollte angesichts der rasant sinkenden Umfragewerte für die FDP und der drohenden Schlappe bei der NRW-Landtagswahl wohl ein Befreiungsschlag sein. Es war der erbärmliche Versuch, die Betroffenen der kapitalistischen Krise für die soziale Misere in Deutschland verantwortlich zu machen, um vom eigenen Versagen abzulenken. Und dabei wären (demokratisch-) „sozialistische Züge der Diskussionen“ (wie er sie gegeißelt hat) in den Parlamenten  dringend notwendig und sind nur zu vernehmen, wenn ein Abgeordneter der Partei DIE LINKE das Wort ergreift.

Wenn Herr Westerwelle fordert, daß jemand der Arbeit hat, mehr bekommt, als derjenige, der staatlich unterstützt werden muß, weil er keine Arbeit hat, heißt das ja wohl umgekehrt, daß er der Meinung ist, daß das nicht immer der Fall ist. Und da hat er Recht!

Aber daß es so ist, ist die Folge der neoliberalen Politik der letzten Jahrzehnte, deren konsequenteste Verfechterin die FDP ist. Diese Politik hat die gewaltigste Umverteilung der erarbeiteten Werte von unten nach oben in der Geschichte der Bundesrepublik angeschoben. Rund 1 Billion Euro (= Eine 1 mit 12 Nullen) wurden so transferiert. (Durch entgangene Lohnerhöhungen, Senkungen der Gewinnsteuern und Spitzensteuersätze der Einkommensteuer, die durch erhöhte Mehrwertsteuer aufgefangen wurden, Kostenbeteiligungen bei den Sozialversicherungen, usw.)

Mit einem Satz: Die Reichen wurden Superreich und auf die arbeitende Bevölkerung entfiel immer weniger!  Das läßt sich gut an der Lohnquote (prozentualer Anteil der gesamten Löhne und Gehälter am „Bruttoinlandsprodukt“) absehen, sie sank drastisch. Die Folge.: Mangelnde Kaufkraft, Massenarbeitslosigkeit, die auch in den Aufschwüngen nicht mehr abgebaut wurde, Dauerarbeitslosigkeit. Trotzdem blieben und bleiben unsere Regierungen immer bei ihrem neoliberalen Kurs: Steuersenkungen für Unternehmen und Kapitaleigner und Subventionen auf der einen Seite und Lohnzurückhaltung, Lohnsenkungen und Abbau der sozialen Versicherungsleistungen auf der anderen Seite und Privatisierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben weil das angeblich Arbeitsplätze schafft.

Schauen wir uns nun das Ergebnis an:

In der Zeit von 2003 bis 2007 stieg die Anzahl der Erwerbstätigen um 1,6 Millionen.

Davon entfielen auf:

Vollzeitstellen  wurden abgebaut                                 -900 000

Selbstständige                                                             +400 000

Ein-Euro-Jobs                                                               +300 000

Geringfügige Beschäftigung                                         +500 000

Normale Teilzeit                                                           +900 000

Leiharbeit                                                                     +400 000

Wir erleben täglich, wie dieser Umbau der Arbeitsplätze vor sich geht: Man erhält die Kündigung und gleichzeitig die Aufforderung, sich bei der Tochtergesellschaft um die Ecke zu melden, um dort dann für weit weniger Lohn und schlechtere Arbeitsbedingungen wieder eingestellt zu werden. Wen wundert’s, wenn viele Beschäftigte bei diesen Praktiken auch unter die Sätze von Hartz IV rutschen?

All die Erleichterungen (gesetzliche Verringerung des Kündigungsschutzes, großzügige Aufhebung der Begrenzung der Leiharbeit usw.) wurden nur dazu genutzt, die Personalkosten zu senken und damit die Profite zu erhöhen. Die Kapitalgesellschaften zum Beispiel haben sich nicht im Mindesten an den neoliberalen Glaubenssatz gehalten, der da heißt: Je höher die Gewinne, um so höher die Investitionen in Arbeitsplätze. (Der ist auch wissenschaftlich überhaupt nicht zu belegen.) Trotz der massiven Senkung der Unternehmenssteuern im Jahre 2001 durch Rot/Grün sind die Realinvestitionen der Kapitalgesellschaften bis 2007 nicht nennenswert gestiegen, die Gewinne aber stiegen explosiv.

Wo sind die Gewinne also geblieben? Ob nun ausgeschüttet, oder im Unternehmen behalten, zum großen Teil wurde mit ihnen spekuliert, sie erhöhten die Masse der global zirkulierenden  Billionen. Das Ergebnis kennen wir nur allzu gut: Der größte Finanzcrash seit den Zwanziger Jahren mit all seinen bitteren Folgen. Um die zu beseitigen, mußte der von den Neoliberalen so gering geschätzte Staat mit hunderten von Milliarden herhalten. Staat und Kommunen sind auf Grund der neoliberalen Politik und der Krise mittlerweile völlig ausgepowert. CDU, CSU und FDP, um gewählt zu werden, haben aber trotzdem versprochen, die Steuern zu senken. Nun, da es darum geht, das Versprechen auch einzulösen, kommt  neben der Erkenntnis, daß das nur schwerlich zu schultern ist, auch noch der Spruch des Verfassungsgerichtes, und  es wird darüber geredet, daß die Hartz IV Sätze erhöht werden müßten. Und in dieser Klemme und mit drastisch sinkenden Umfragewerten gerät nun unser Krawall-Minister in Panik und verteilt eiskalt seine Schuldzuweisungen an diejenigen, die sich am wenigsten wehren können…

Was aber ist zu tun?

Die Partei DIE LINKE hat das Sofort-Programm „Ein Schutzschirm für Menschen“ entwickelt. Es sieht vor, die Steuern nicht zu senken, sondern zu erhöhen, und zwar die Steuern, die diejenigen zahlen sollen, die uns die ganze Krise eingebrockt haben:  Erhöhung des Spitzensatzes der  Einkommensteuer auf die Werte, die schon einmal gegolten haben,  Erhöhung der Erbschaftssteuer für große Vermögen, eine „Millionärsteuer“ für Vermögen über 1 Mio. Euro, usw. Damit können die Kassen des Staates und der Kommunen wieder gefüllt werden und in die Lage kommen, innovationstüchtige, zukunftsfähige Unternehmen  mit ökologisch sinnvollen Produkten zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen.  Die bessere Finanzlage von Staat und Kommunen erlaubt den sinnvollen Ausbau des Öffentlichen Dienstes  und weitere Maßnahmen. Alles zusammen schafft Arbeitsplätzeund Massenkaufkraft, die die Binnenkonjunktur ankurbelt.Nähere Informationen darüber vermitteln wir gern.

Die Linke bleibt dabei: Hartz IV, seit 5 Jahren verfassungswidrig, muss weg!