Mölln ’92 – Gedenken und Anklagen

Liebe Antifaschistinnen, liebe Antifaschisten,

wenn wir hier und heute an die rassistisch motivierten Brandanschläge in Mölln 1992 und an die Opfer rechter Gewalttaten erinnern wollen, kommt man natürlich an der jüngst publik gewordenen Mordserie der Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund – kurz NSU – nicht vorbei.

Mehr als 13 Jahre lang konnte die NSU – anscheinend unbemerkt – ihr Unwesen treiben und mindestens 10 Menschen ermorden sowie Anschläge und Raubüberfälle verüben.

Die Aufklärungsrate bei Mord liegt in der BRD übrigens bei 96 %. Da ist es schon merkwürdig, dass ausgerechnet diese faschistische Gruppe die perfekten Verbrechen begangen haben soll und keine verwertbaren Spuren an den Tatorten hinterlassen hat.

Ich finde es unerträglich, dass auch nach dem Bekanntwerden des rechtsextremistischen Hintergrundes in einigen Medien immer noch verharmlosend von den sog. „Döner-Morden“ gesprochen wird. Hier geht es um Menschen und nicht um Döner.

Anscheinend bringt man es nicht über die Lippen zu sagen wie es ist:

In Deutschland werden immer noch Menschen auf Grund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer Gesinnung von Faschisten verfolgt und ermordet!

Ich vermute viele unter uns waren davon weit weniger überrascht, als es der Verfassungsschutz angeblich ist. DIE LINKE. hat die aktuellen Ereignisse zum Anlass genommen und ihre Forderung nach einem Verbot der NPD und deren Umfeldorganisationen in einer Resolution auf ihrem Landesparteitag letztes Wochenende in Elmshorn nochmals bekräftigt.

Natürlich sind wir nicht so naiv zu glauben, dass man Faschismus einfach verbieten könnte und sich die Sache damit erledigt. Aber es wäre zum einen ein deutliches Zeichen in die Gesellschaft hinein, dass es sich bei der Ideologie der Rechtsextremisten eben nicht nur um etwas radikalere Stammtischparolen handelt.

Wir sagen es ganz deutlich:

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Ein weiterer Aspekt ist die Zerschlagung der Strukturen. Die NPD, die sog. Freien Kameradschaften und rechte Burschenschaften können sicherlich selten direkt für irgendwelche Straftaten zur Rechenschaft gezogen werden. Aber sie bilden das sowohl ideologische als auch logistische Umfeld, in dem solche Gruppe wie die NSU oder auch fanatische Einzeltäter im Verborgenen handeln können.

Der absolut falsche weg ist es jetzt die Ausweitung der Befugnisse des Verfassungsschutz oder womöglich eine stärkere Vernetzung von Polizei und Geheimdiensten zu fordern. Das hatten wir doch schon mal…

Jeden Tag kommen neue Erkenntnisse über Ungereimtheiten, Ermittlungspannen und vermutlich noch schlimmeres ans Licht der Öffentlichkeit. Und dann soll man diesen Leuten auch noch mehr Möglichkeiten für ihre verdeckten Bespitzelungen einräumen?

Die Bundes- und Landeskriminalämter verfügen über ausreichende Befugnisse, um gegen Straftäter vorzugehen. Wir brauchen keine Geheimdienste, die im Verborgenen wursteln und sich weitestgehend der Kontrolle durch die Öffentlichkeit entziehen.

Eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hat gerade ergeben, dass ca. 1/3 unserer Bundestagsabgeordneten und unzählige Mitglieder der LINKEN in den Landesparlamenten durch den Verfassungsschutz beobachtet werden. Gegen einige läuft zur Zeit ein Verfahren zur Aufhebung ihrer Immunität, da sie sich an Blockaden gegen die Nazi-Aufmärsche in Dresden und anderswo beteiligt und dazu aufgerufen haben.

In kurzen Abständen werden Büroräume von linken Gruppierungen durchsucht und AktivistInnen der linken und antifaschistischen Szene von den Ermittlungsbehörden drangsaliert und kriminalisiert.Gerade erst wurden die finanziellen Mittel für Programme gegen Rechts gekürzt und die Akteure unter einen pauschalen Extremismusverdacht gestellt.

Ein erfolgreicher Kampf gegen das braune Gedankengut kann aber nur in einer freien und offenen Gesellschaft erfolgreich sein. Überwachung und Gesinnungsspitzelei erzeugen gerade erst ein Klima, in dem diese totalitären Ideen der Faschisten Fuß fassen können.

Deshalb ist DIE LINKE. auch konsequent und fordert nicht nur ein Verbot der NPD sonder auch die Abschaffung der Geheimdienste.

Der Verfassungsschutz ist Teil des Problems, nicht die Lösung!

Lasst uns gemeinsam für eine gerechte und tolerante Gesellschaft streiten, um dem Nazi-Spuk endgültig den Garaus zu machen.

Ich danke euch – macht weiter so!

Volker Hutfils, Kreissprecher DIE LINKE. KV Hzgt. Lauenburg

Redebeitrag der Antifa Herzogtum Lauenburg