Politischer Wettbewerb um die Energiewende

In einem Punkt muss man Frau Merkel Recht geben: Die Welt nach Fukushima ist nicht mehr die Gleiche, wie vor der japanischen Reaktorkatastrophe. Zwar sind die deutschen AKW immer noch genauso unsicher wie vorher und auch an der ungelösten Endlagerfrage für den über Generationen hinweg strahlenden Atommüll hat sich nichts geändert. Aber die gesellschaftliche Wahrnehmung ist eine Andere. Daher erlebten wir eine 180°-Wende in der Atompolitik von Schwarz-Gelb: die gerade eben erst beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke wurde – entgegen der eigenen Überzeugung – einkassiert und der Ausstieg aus der Atomenergie verkündet – Respekt!

 

Das ist ein großer Erfolg der seit Jahren beharrlich kämpfenden Anti-Atom-Bewegung.

Dies hat auch dazu geführt, dass bei uns im Kreistag jetzt fünf Öko-Fraktionen einen Wettbewerb um die kreativsten Ideen für eine Energiewende gestartet haben – recht so!

Auf der letzten Kreistagssitzung lagen ganze 8 Anträge zum Thema Ökologie von CDU, Grünen und unserer Linksfraktion vor. Die Fülle der Anträge und teilweise auch deren mangelhafte Qualität ließen auf eine Spur von Aktionismus schließen. Letztendlich kam jedoch ein fraktions- übergreifender Konsens zustande, wonach sich der Kreis aktiv bei der Energiewende einbringen müsse. Da der Kreistag von der Masse der Anträge aber überfordert war, wurde das gesamte Paket zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. In der Vergangenheit bedeutete dies häufig eine >Beerdigung zweiter Klasse< oder zumindest eine monatelange Verschleppung. Das können wir uns diesmal nicht leisten, dazu ist das Thema zu brisant.

Aufgrund der komplexen Thematik sollte eine >Koordinationsstelle Ressourcen- und Klimaschutz< eingerichtet werden, an der sich neben Vertretern der Fraktionen und den in unserer Verwaltung bereits vorhanden Kompetenzen (z.B. Forstbetrieb, Gebäudemanagement, Umweltschutz) auch Umwelt-, Tourismus- und Wirtschaftsverbände sowie interessierte Einwohner unseres Kreises beteiligen können. Nur eine frühzeitige Einbeziehung aller Betroffenen ist die Gewähr für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung, die wiederum für eine zügige Umsetzung aller notwendigen Maßnahmen erforderlich ist.

Entscheidend bleibt jedoch, wie ehrlich es die bürgerlichen Parteien mit ihrem Bekenntnis zur Energiewende meinen. Die Bundestagsdebatte um den Atomausstieg lässt nichts Gutes erahnen: Obwohl selbst das Bundesumweltamt einen Atomausstieg – ohne zusätzliche Kohlekraftwerke oder importierten Atomstrom – bis spätestens 2017 für machbar hält, haben CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne (!) beschlossen, uns den Risiken der Kernkraft für weitere 10 Jahre auszusetzen.

Trotzdem: Je schneller wir die Energiewende – dezentral und kommunal – vorantreiben, desto schneller kann der letzte Atommeiler vom Netz! Politische Mehrheiten können sich bis 2022 ja auch noch ändern …