Online-Zeitung „herzogtum direkt“
Leserbrief zu den Leserbriefen über die Gedenkveranstaltungen in Mölln (LN 21.11.12)
Wenn man allein die Überschriften zu den Leserbriefen vom 21.11.12 liest, wo von >Parolen von Stalin und Ulbricht< und >Vermummten Schlägertrupps< im Zusammenhang mit der absolut friedlichen Demo in Mölln gesprochen wird, hat man das Gefühl, dass hier eine gute Sache im Nachhinein noch schlecht geredet werden soll. Die öffentliche Wahrnehmung der Veranstaltung – von Tageschau, über Deutschlandradio und RSH, bis zur Lokalpresse – war eine ganz andere. Wenn selbst die Pressesprecherin der Polizei von einem völlig friedlichen Verlauf spricht und sich Bürgermeister Wiegels, der ja selbst an der Demonstration teilgenommen hat, im Anschluss bei den Organisatoren für eine gelungene und friedliche Veranstaltung bedankt, muss man vermuten, dass die Leserbriefschreiber auf einer anderen Demo waren oder die Öffentlichkeit bewusst täuschen wollen.
Natürlich kann man aus einer Parole wie >Wut im Bauch – Trauer im Herzen< eine aggressive Grundhaltung ableiten – muss man aber nicht! Und wenn sich junge Antifaschistinnen und Antifaschisten eine Kapuze überziehen und eine Sonnenbrille aufsetzen, hat das in erster Linie den Zweck, nicht mit einen Portraitfoto in irgendeiner >Roten Liste< der Neofaschisten zu landen.
Und zur Klarstellung: Die Veranstaltung wurde von einem breiten Bündnis von antifaschistischen Gruppen getragen und organisiert. Die Genehmigungsbehörde braucht aber immer einen – im Zweifelsfall auch juristisch greifbaren – Anmelder einer solchen Veranstaltung. Hierfür hatten sich Christiane Schneider von der Hamburger Linksfraktion und ich zur Verfügung gestellt. Stalin und Ulbricht waren nicht involviert.
Über die Gründe, warum so wenig Möllnerinnen und Möllner an der Demonstration teilgenommen haben, mögen andere spekulieren. Ich habe mich sehr über die vielen Menschen gefreut, die von Außerhalb angereist waren, um ihre Solidarität mit den Opfern rechter Gewalttaten zu zeigen und damit auch den Leuten, die sich hier vor Ort ganz offen den rechten Tendenzen und insbesondere dem Neofaschismus entgegenstellen, den Rücken gestärkt haben. Wir werden uns auch weiterhin für eine solidarische Gesellschaft einsetzen, in der Jede und Jeder, gleich welcher Herkunft, Religion oder Weltanschauung die Chance und das Recht auf ein menschenwürdiges und selbst bestimmtes Leben hat.