Stillstand und Rückwärtsfahrt auf der „Schnellstraße zur Vollbeschäftigung“

Carsten Friederichs, Mitglied des Vorstandes

Stillstand und Rückwärtsfahrt auf der „Schnellstraße zur Vollbeschäftigung“

Am 28. Oktober 2010 war der „Tag der Verheißung“: Ministerin von der Leyen bejubelte das Sinken der offiziellen Arbeitslosenzahlen unter die 3 – Millionenmarke. 2 945 451 Arbeitslose wurden gezählt, das entsprach einer Arbeitslosenquote von 7%.

In Schleswig Holstein wurden offiziell 97 579 Arbeitslose mit einer Quote von 6,7% gezählt. Springers WELT titelte: Weniger als  2 Millionen Arbeitslose schon 2012! Und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sah uns auf der „Schnellstraße zur Vollbeschäftigung“.

Die Schnellstraße aber war ein holperiger Feldweg-Kreisverkehr der erst einmal wieder kräftig bergauf führte, und so sind wir denn eineinhalb Jahre später, Ende April 2012, mit bundesweit offiziell 2 963 000 Arbeitslosen wieder bei 7% angelangt. Tolles Tempo auf der Schnellstraße! Und Schleswig- Holstein mußte gar den Rückwärtsgang einlegen und hatte Ende April 2012 offiziell mehr Arbeitslose als im Oktober 2010: 106 500 = 7,4 %!

Nun ist das alles aber nur die halbe Wahrheit, denn wir wissen ja, daß mit den Statistiken der Arbeitslosigkeit  schamlos getrickst wird, um das wahre Ausmaß zu verschleiern. Und so sieht eine ehrliche  Zählung für Schleswig Holstein aus:

Immer noch 129.001 Arbeitslose in Schleswig-Holstein

Zeit zu handeln statt zu tricksen

Schlechte Meldungen kann auch die Landesregierung nicht gebrauchen. Deshalb bleibt sie dabei, die Arbeitslosenzahlen schönzurechnen. Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Fast alle Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik als arbeitslos. Im Mai 2009 kam eine weitere Ausnahme hinzu: Wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat.

Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen. Dazu sagte der damalige Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) am 4. Juni 2009 in der Fernsehsendung Panorama: „Alles, was an Effekten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entsteht, wird jedes Mal zusammen mit der Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. … Ich glaube, daß man sich auf die Seriosität dieses Prozesses verlassen kann.“ Wer anders rechnen wolle, könne ja „seine Zahl veröffentlichen – und dazu ein Flugblatt drucken.“ Das tun wir gern. Hier ist die tatsächliche Zahl, die allein auf amtlichen Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruht. Im April 2012 sind immer noch 129 Tausend Menschen im Bundesland Schleswig-Holstein arbeitslos. Zeit zu handeln statt zu tricksen.

 

Tatsächliche Arbeitslosigkeit im April 2012                                                         129.001

Offizielle Abeitslosigkeit                                                                                  102.027

Nicht gezählte Arbeitslose                                                                                 26.974

Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I und/oder ALG II                                        7.547

Ein Euro Jobs                                                                                                     5.052

Fremdförderung                                                                                                 2.510

Beschäftigungsphase Bürgerarbeit                                                                          752

Berufliche Weiterbildung                                                                                     4.035

Eignungsfeststellungs- u. Trainingsmaßnahmen (z.B. Bewerbungstraining)             beendet

Aktivierung und berufliche Eingliederung (z. B. Vermittlung durch Dritte)                    4.471

Beschäftigungszuschuss (für schwer vermittelbare Arbeitslose)                                   178

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen                                                                      beendet

Kranke Arbeitlose                                                                                               2.429

Quellen:       Bundesagentur für Arbeit: Statistik nach Regionen. Bund, Länder, Kreise. Schleswig-Holstein, April 2012, Seite 9. Die dort aufgeführte Altersteilzeit sowie Gründungszuschüsse und sonstige geförderte Selbstständigkeit  haben wir in der Tabelle nicht berücksichtigt.

Die dort ebenfalls aufgeführten Vorruhestandsähnlichen Regelungen, die aufgrund verschiedener rechtlicher Grundlagen (§§ 428 SGB III, 65 Abs. 4 SGB II, 53a Abs. 2 SGB II u.a.) nicht als arbeitslos zählen, sind enthalten in der Gruppe Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I oder ALG II.

Und die gleiche Rechnung für die gesamte Bundesrepublik:

http://www.die-linke.de/politik/themen/arbeitsmarktundmindestlohn/tatsaechlichearbeitslosigkeit/

Wer will, daß solche und andere Täuschungsmanöver an die Öffentlichkeit kommen  und die Wahrheit dahinter ans Licht gebracht wird, der muß die Partei DIE LINKE wählen! In die kommunalen Parlamente, in die Landtage, in den Bundestag! Wir geben uns mit der monatlichen Zählung der Arbeitslosen nicht zufrieden. Wir wollen eine andere Politik, die die Arbeitslosigkeit beseitigt und die von den arbeitenden Menschen geschaffenen Werte gerecht verteilt!

Je stärker DIE LINKE, desto sozialer das Land!